top of page

Gießener Allgemeine, 19.08.2016

 

Big Mac per App

 

Ohne Tomate? Dafür aber viel Käse, zusätzlichen Bacon und Extraportion Rindfleisch? Im McDonlad’s Restaurant am Schiffenberger Weg sind Sonderwünsche künftig kein Problem mehr. Die Filiale wird zurzeit zum "Restaurant der Zukunft" umgebaut. Die Zusammenstellung von des Wunschburgers ist aber längst nicht die einzige Neuerung.

 

Rainer Reichel läuft der Schweiß über die Stirn – und das liegt nicht nur an der Sonne, die an diesem Nachmittag auf das McDonald’s-Restaurant knallt. Reichel schwitzt, weil in der Filiale im Schiffenberger Weg schon übermorgen eine neue Ära eingeläutet werden soll. Viel zu sehen ist da- von aber noch nicht. Wo sonst Big Macs und Happy Meals den Besitzer wechseln, wird derzeit gehämmert, gesägt, geflext und gestrichen. Seit dem 1. August schuften hier jeden Tag bis zu 25 Bauarbeiter, um aus der Burgerbude ein »Restaurant der Zukunft« zu machen. »Alles wird anders«, sagt Operation Manager Reichel und wischt sich die Schweißperlen von der Stirn. Dann lächelt er: »Alles wird besser.«

 

McDonald’s vollzieht seit vergangenem Jahr einen internationalen Konzeptwechsel. In den rund 100 Filialen mit dem Titel »Restaurant der Zukunft« werden die Gerichte erst nach der Bestellung zubereitet. Sonder- wünsche und Eigenkreationen sollen Standard werden. Außerdem können die Kunden ihre Bestellungen an großen Bildschirmen eingeben. Wer will, kann sich auch einfach an den Tisch setzen, ein Kellner gibt die Wünsche dann ins Tablet ein und übermittelt sie via App an die Küche.

 

»Und es gibt neue Burger«, sagt Reichel, der sich selbst als »Mädchen für alles« an der Baustelle bezeichnet, und setzt zu einem Rundgang an. Erste Station ist die Rückseite, an der ein großes Plakat mit drei neuen Burgervarianten hängt. »Die nennen sich Signature-Burger, die gibt es nur in den ›Restaurants der Zukunft‹.« Während Reichel von den extradicken Fleischpatties und den pikanten Soßen schwärmt, ist nebenan ein Landschaftsgärtner zugange. Wo bis vor einigen Tagen noch Büsche und Sträucher standen, liegen nun Hartkalk- und Basaltsteine. Dazwischen ragen einzelne Pflanzen empor. Nach einem kurzen Plausch mit dem Gärtner steuert Reichel den Eingang an, wo einer der Arbeiter gerade eine Leiste zurecht sägt. Ein kurzer Schulterklopfer, dann geht es ins Innere.

 

Auf dem ersten Blick ein heilloses Chaos: Lampenfassungen hängen von den Wänden, überall stehen Kartons, der gesamte Boden ist mit Malervlies ausgelegt. Und hier soll übermorgen das Restaurant der Zukunft er- öffnen? »Wir schaffen das«, sagt Reichel aus voller Überzeugung, »die größten Arbeiten haben wir hinter uns«. Er meint zum Bei- spiel den kompletten Neuaufbau des Bodens, der das Team schon einige Tage in Verzug gebracht hat. Auch die Küche wurde bereits saniert, der Innenraum hat ein helleres Interieur bekommen, die Außenfassade ist frisch gestrichen, auch die Spielecke erstrahlt in neuem Glanz. Die größte Herausforderung, die noch bewältigt werden müsse, sei aber die Installation und Vernetzung der technischen Geräte, sagt Reichel und legt die Hand auf ein großes, mit Folie eingewickeltes Paket. »Das sind die vier Bedien-Terminals. Man kann hier seine Bestellung eingeben und mit Karte bezahlen. Per Knopfdruck fährt der Bildschirm herunter, damit ihn auch Rollstuhlfahrer bedienen können.«

 

Die Tür geht auf und Steffen Stark betritt den Raum. Er ist der Franchise-Nehmer der Filiale, neun weitere in der Region gehören ihm. Der Geschäftsmann betont, dass die Filiale in Gießen die einzige im Umkreis von 70 Kilometern sei, die den Umbau zum »Restaurant der Zukunft« wagt. Durch den neuen Service sollen zudem zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden. Preislich werde sich an Royal TS, Chicken McNuggets und Co. aber nichts ändern. Bis die Kunden ihre Burger am Bildschirm ordern können, müssten aber noch zweieinhalb Kilometer Datenkabel verlegt werden, sagt Stark. »Neben den Restarbeiten ist das die größte Herausforderung.« Doch damit sei die Fastfood-Digitalisierung noch lange nicht am Ende. Stark schwebt vor, dass schon bald Autofahrer im Umkreis maßgeschneiderte Angebote aufs Handy be- kommen, per Tastendruck bezahlen können und nur noch durch den Drive-in-Schalter fahren müssen. »Noch ist das Zukunftsmusik. Aber die digitale Entwicklung schreitet voran. Und der werden wir uns stellen.« Die Umbaukosten – Stark vergleicht die Summe mit dem Kaufpreis eines Einfamilienhauses – seien daher eine gute Investition.

 

Ob sie sich tatsächlich auszahlt, werden die Kunden entscheiden. Fest steht aber: Bei McDonald’s im Schiffenberger Weg beginnt am heutigen Freitag eine neue Fast-Food- Ära.

bottom of page